Die Delegation, der sowohl Christoph Riess, CEO von WAN-IFRA, als auch Rodrigo Bonilla, zuständiger Leiter für Pressefreiheitsmissionen, angehörten, traf sich mit Journalisten, Redakteuren und Verlegern von öffentlichen, staatlichen und privaten Medienunternehmen, Gewerkschaftsvertretern, ecuadorianischen Nichtregierungsorganisationen, diplomatischen Vertretungen, dem Präsidenten der Nationalversammlung, Fernando Cordero, sowie dem Minister für Kommunikation, Fernando Alvarado.
Der Besuch in Ecuador sollte dazu dienen, die Lage der Medien im Land zu beurteilen, nachdem WAN-IFRA die Regierung im vergangenen Jahr mehrfach darauf hingewiesen hatte, dass die zunehmend eingeschränkte Pressefreiheit im Land mit Sorge betrachtet wird (mehr Informationen hierzu unter http://tinyurl.com/3e7vjc9).
Die Delegation begrüßte die Bereitschaft von Regierungsvertretern, gemeinsame Meetings abzuhalten und Meinungen auszutauschen. „Damit wurde die Tür zum Dialog geöffnet, was wir trotz unserer unterschiedlichen Ansichten für fundamental halten“, so Riess.
„Wir haben unsere verschiedenen Argumente ausgetauscht, haben die Anliegen der Delegation offen und aufrichtig gehört und uns gegenseitig unsere Einschätzung zur Situation der freien Meinungsäußerung in unserem Land dargelegt“, so Fernando Alvarado nach dem Treffen.
Diese Offenheit unterschied dieses Treffen von vielen früheren Meetings, die von einem Klima der Spaltung, Polarisierung und Animosität geprägt waren und den bitteren Konflikt zwischen privaten Medienunternehmen und der Regierung bzw. regierungsnahen Medien sichtbar machten. „Dieser Konflikt macht beide Seiten blind für die enormen Herausforderungen, vor denen der Journalismus in Ecuador steht, und schadet daher der gesamten ecuadorianischen Gesellschaft in hohem Maße“, erklärte Riess weiter.
Die Delegation brachte ihre Anliegen zum Thema Pressefreiheit in Ecuador zum Ausdruck und nannte dabei auch die Sorge in Bezug auf „die Konzentration von Medieneinrichtungen unter der direkten oder indirekten Kontrolle der Regierung sowie den konfrontativen Ton, den der Präsident und die Regierung via öffentliche Medien gegenüber Journalisten, Einzelpersonen, kritischen Stimmen und privaten Medien anschlagen“, so Riess bei der Pressekonferenz in Quito Anfang November.
Die von hochrangigen Staatsvertretern angestrengten straf- und zivilrechtlichen Verfahren wegen Verleumdung mit unverhältnismäßig hohen Schadensersatzforderungen haben eine abschreckende Wirkung, die in der gesamten Gesellschaft spürbar ist und Selbstzensur fördert“, erklärte Rodrigo Bonilla in einem Gespräch mit Fernando Alvarado.
Die Organisation rief Präsident Rafael Correa erneut auf, die Klagen gegen die Journalisten Juan Carlos Calderón, Christian Zurita und Emilio Palacio sowie gegen das Unternehmen El Universo und drei seiner Führungskräfte zurückzuziehen.
Calderón und Zurita wurden wegen der Veröffentlichung ihres Buches Gran Hermano (Großer Bruder) vom Präsidenten auf Schadensersatz in Höhe von 10 Mio. US-Dollar verklagt. In diesem Buch sprechen die Autoren von Fällen offizieller Korruption, von denen der Präsident gewusst haben soll, was dieser allerdings vehement bestreitet.
Palacio, das Medienunternehmen El Universo und dessen Führungskräfte Carlos, César und Nicolás Pérez Lapentti wurden im Juli wegen Verleumdung zu drei Jahren Haft und einer Entschädigungszahlung in Höhe von 40 Mio. US-Dollar an den Präsidenten verurteilt. Weitere Informationen zu diesem Fall und den von WAN-IFRA ergriffenen Maßnahmen sind unter http://tinyurl.com/6jpw7x8 abrufbar.
Die WAN-IFRA-Delegation hat außerdem ihre Sorge darüber zum Ausdruck gebracht, dass in der letzten Zeit mehrere Gesetzesvorhaben und Gesetze verabschiedet wurden, die zu „einer übermäßigen Kontrolle der Medieneinrichtungen durch die Regierung“ führen und deren „wirtschaftliche Überlebensfähigkeit ernsthaft gefährden“ könnten, so Riess.
Darüber hinaus präsentierte die Delegation bei der Pressekonferenz erste Ergebnisse und wird einen Abschlussbericht samt Empfehlungen verfassen, der der Regierung sowie den Medieneinrichtungen im Land vorgelegt werden soll.
In Bezug auf den bisher fehlenden Dialog zwischen den beiden Seiten bemerkten die Vertreter von WAN-IFRA: „Die nun begonnenen Gespräche müssen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene fortgesetzt werden, denn der Dialog ist eine tragende Säule jeder demokratischen Gesellschaft.“