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Rolf-Dieter Lafrenz: "Die Grenzen zwischen Druckmärkten weichen auf"

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Rolf-Dieter Lafrenz: "Die Grenzen zwischen Druckmärkten weichen auf"

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17351

Zur Situation der Zeitungsbranche 2014

Rolf-Dieter Lafrenz ist Geschäftsführer der Schickler Unternehmensberatung in Hamburg und Experte für die Medienbranche. In den letzten 15 Jahren führte Schickler über 500 Verlagsprojekte durch; viele hat Rolf-Dieter Lafrenz persönlich geleitet. Im Interview benennt er aktuelle Trends der Zeitungsbranche in Zentraleuropa mit Schwerpunkt auf dem Drucksektor.

Rolf-Dieter Lafrenz

Mit welcher Grundstimmung blicken die Zeitungsverlage in das Jahr 2014?

Rolf-Dieter Lafrenz: Die Verlage rechnen weiterhin mit schwierigen Marktbedingungen. Es ist zu befürchten, dass die Anzeigenbuchungen der Handels- und Markenkunden weiter zurückgehen. Auch die Lesermärkte bleiben unter Druck, auch wenn sich sinkende Auflagen in vielen Häusern mit Preiserhöhungen ausgleichen lassen. In Summe werden die Umsätze der Verlage im Kerngeschäft stagnieren oder leicht sinken. Der Strukturwandel in den Märkten bleibt die Herausforderung, auch 2014.

 

Wie entwickelt sich die Investitionsneigung in der Branche?

Rolf-Dieter Lafrenz: Wir stellen insgesamt eine sehr geringe Neigung für Erweiterungs- oder Ersatzinvestitionen fest. Viele Verlage, die vor großen Investitionen in Herstellung oder IT stehen, suchen nach Möglichkeiten, diese Investitionen zu vermeiden. So erleben wir bei Schickler aktuell eine Welle von Projekten mit dem Ziel, Kooperationen zwischen Verlagen oder zentrale Dienstleister aufzubauen. Reine Ersatzinvestitionen finden statt, wenn sie sich durch eine höhere Effizienz in vergleichsweise kurzer Zeit amortisieren. Wenn diese Amortisation nicht gegeben ist, tun sich Verlage immer häufiger mit ihren Nachbarn zusammen. Sie teilen Kapazitäten und können die Investitionszeitpunkte hinausschieben. Niemand möchte mehr in eine Kapazität investieren, von der er weiß, dass sie in zehn Jahren deutlich zu groß ist. Da hilft man sich eher gegenseitig aus.

 

Vorhandene oder drohende Überkapazitäten im Druck und hohe Kosten belasten die Verlage. Welche Möglichkeiten bieten sich an?

Rolf-Dieter Lafrenz: Wenn eine Ersatzinvestition ansteht, rechnen viele Verlage mit einem deutlich geringeren Kapazitätsbedarf, als er sich aus der aktuellen Auflage errechnet. Der Verlag schrumpft sich dann in die neue Kapazität hinein. In der Zwischenzeit werden alte Maschinen weiter betrieben oder Teilauflagen fremd vergeben. Ein weiterer Weg liegt darin, die (Sport-)Aktualität einzuschränken, zumindest für Teile der Auflage. So wird das Zeitfenster im Druck vergrößert und letztendlich die Nachtkapazität erhöht. Es wird verstärkt mit einem langfristigen Kapazitätsbedarf kalkuliert, der etwa 30 bis 40 Prozent unter dem heutigen Druckvolumen liegt.

Die Anpassungsmöglichkeiten im bestehenden Betrieb sind deutlich geringer. Nur Druckereien mit sehr wettbewerbsfähigen Kosten schaffen es, Überkapazitäten durch fremde Akzidenzaufträge rentabel zu füllen. Das Preisniveau in diesem Markt ist sehr niedrig, teilweise ruinös. Es gibt immer wieder Anbieter, die ohne Maschinenkosten und nur mit einem Anteil der Personalkosten kalkulieren. Eine Maschine komplett im Fremddruck einzusetzen, ist unter diesen Bedingungen schwer oder gar nicht möglich. Großen tarifgebundenen Druckereien bleibt dann häufig nichts anderes übrig, als Maschinen still zu legen.

 

Wird über neue Geschäftsfelder nachgedacht?

Rolf-Dieter Lafrenz: Es gab schon immer Zeitungsdruckereien, die sich um Lohndruckaufträge bemüht haben, um ihre Kapazitäten auszulasten. In den letzten Jahren ist aber zu beobachten, dass die Grenzen zwischen den Druckmärkten aufweichen. So finden sich Druckaufträge, die früher exklusiv im Tiefdruck stattfanden, immer häufiger im Offsetdruck wieder. Gleiches gilt für den Digitaldruck, der von unten den Offsetdruck angreift. Was einige als Gefahr betrachten, kann jedoch auch eine Chance sein. So können sich Offset-Drucker um Zeitschriftenaufträge bemühen, wenn die Zeitschriften in den Auflagen weiter sinken. Wir beobachten eine stärkere Bereitschaft unter den Druckchefs, bei Maschineninvestitionen diese Marktverschiebungen zu berücksichtigen und in Technik zu investieren, die mehr kann, als beispielsweise nur Tageszeitungen zu drucken. 

 

Beziehen die Zeitungen den Digitaldruck in ihre Zukunftsüberlegungen mit ein? Werden wir in 2014 Ihrer Meinung nach weitere Anwendungsbeispiele sehen?

Rolf-Dieter Lafrenz: In der regionalen Zeitungsproduktion kann ich keinen Trend in Richtung Digitaldruck erkennen. Das hat einen einfachen Grund – und der liegt im Verlag, nicht in der Technik. Wenn Regionalausgaben so klein werden, dass sie über Digitaldruck wirtschaftlich zu produzieren wären, dann lohnen sie sich aus Verlagssicht nicht mehr. Denn die Redaktionskosten bleiben gleich, auch wenn die Auflage sinkt. Kleine Ausgaben werden daher zusammengelegt. Wenn die Entfernung zum Druckstandort zu groß wird, dann wird eher der Druckzeitpunkt nach vorn gelegt und bei den kleinen Auflagen auf Aktualität verzichtet. Deswegen glaube ich nicht an den Digitaldruck in Regionalzeitungen, auch wenn er technisch möglich ist und aus Produktionssicht an den Offset herankommt.

Für überregionale und internationale Zeitungen sieht das Bild ganz anders aus. Hier sind die Logistikkosten so groß, dass sich einige Vertriebsstellen schon seit vielen Jahren nicht mehr lohnen. Digitaldruck bietet Alternativen und wird auch schon genutzt. Allerdings glaube ich, dass die Verlage für die entfernten Gebiete in Zukunft verstärkt auf digitale Angebote setzen werden. Also auch für diese Anwendung ist der Digitaldruck eher eine Zwischen- beziehungsweise Nischenlösung und kein langfristiges Konzept für Massenmärkte.

Autor

Charlotte Janischewski's picture

Charlotte Janischewski

Datum

2014-01-27 10:47

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