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Zu Ehren von Charlie

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Zu Ehren von Charlie

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18449

Es sind erschreckende Zahlen. 61 Tote. 70 Tote. 74 Tote. 47 Tote. 44 Tote. 74 Tote.

Diese Zahlen stehen für die Journalisten, die zwischen 2009 und 2014 ums Leben gekommen sind. Seit 1992 wurden mehr als 1 100 während der Arbeit getötet – und das ist nur eine grobe Einschätzungen.

Charlie Hebdo und Frankreich beklagen den Tod von zehn Journalisten und zwei Polizisten zum Anfang des neuen Jahres. Mit bedauerlicher Sicherheit wird es im Laufe des Jahres noch mehr Opfer geben. Wenn Journalisten getötet werden, sollte unsere ganze Gesellschaft die Wunde spüren. Ist diese jüngste Attacke nun der Moment, an dem jeder erkennt, dass ein Angriff auf Journalisten ein Angriff auf uns alle ist?

So traurig es ist: Der tödliche Anschlag auf die Redaktion des wichtigsten wöchentlichen Pariser Satiremagazins ist kein Einzelfall, sondern ein weiteres schreckliches Beispiel für die brutale, oft gewalttätige Realität von Tausenden junger Journalisten.

Spricht man mit Journalisten und Journalistinnen im Jemen, Syrien, Irak, Pakistan, Mexiko und unzähligen anderen Ländern, merkt man das sie mit dem Schock und der Angst, die Frankreich erschüttert hat, vertraut sind. Die Tatsache, dass der Anschlag in einem Land stattgefunden hat, das mit seiner multikulturellen Identität kämpft und mit einem Land das sich dafür einsetzt, an Vielfalt und Verschiedenheit zu glauben ist ein tragischer Rückschlag für diejenigen, welche die französischen Werte liberté, egalité, fraternité  unterstützen.

Außergewöhnlich ist in diesem Fall die Tatsache, dass dieses weltweite Hass-Klima mit Anschlägen auf Journalisten nun das Herz der europäischen Redaktionen erreicht hat.

Während wir trauern, die Gründe Stück für Stück aufgeklärt werden und sich die Berichterstattung entwickelt, hoffe ich, dass die meisten Europäer verstehen werden, wie gefährdet unsere Freiheit ist; dass jeder, irgendwo, getötet werden kann, weil er sein Recht der Meinungsfreiheit ausübt, ist ein Hohn auf die Gerechtigkeit. Egal ob in Paris, Sana’a oder Baghdad: es gibt keine Ausnahme.

Nur in der Solidarität können wir hoffen, dass wir solche Anschläge überstehen. Aber die Realität – die auf einem Mangel an Reaktionen auf viele tragische Attentate auf Journalisten im Laufe der Jahre basiert – ist leider:  Bevor es nicht nicht in unserer eignen Nachbarschaft passiert, wird es nicht als eine Bedrohung für uns alle verstanden.

Der Anschlag vom Mittwoch trifft das Fundament der Demokratie in der ganzen Welt. Ein Anschlag auf eine Zeitschrift wie Charlie Hebdo – furchtlos, gleichmütig, standhaft in seiner bitteren politischen Satire und penetranten Stellungnahme – ist als Anschlag, gegen die Werte, die unsere Gesellschaft unterstützt, gedacht. Dass wir nicht den anderen mehr schaden als uns selbst ist eine Philosophie, die in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg den Frieden bewahrt hat und es ist  gewissermaßen das letzte Maß unseres Fortschrittes geworden. Wir haben gelernt, Verschiedenheit zu respektieren, ohne Ausnahmen. Getreuder Regel:  „Ich mag nicht, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst“.

Wahrscheinlich hat ein Satz nie so eine große Bedeutung gehabt.

Dieser Anschlag reißt neue Gräben auf dem Kontinent auf Jeder Gedanke des Fundamentalismus – rechts- oder links orientiert, wirtschaftlich, kulturell oder religiös – wird versuchen, die wahrgenommene Fragmentierung Europas auszubeuten und seine Menschen in ein Durcheinander aus Bitterkeit, Hass und Sektierertum, die unsere Geschichte kennzeichnen, zu stürzen.

Europa überlebt gerade dank seiner Vielfalt, seiner Unterschiede. Jedes Dogma – egal ob religiös, wirtschaftlich, politisch oder sonst – das versucht, eine einseitige Meinung über die europäische Gesellschaft durchzusetzen, vor allem durch Gewalt, ist dazu bestimmt, abgewiesen zu werden.

Und dort, wo diese Überzeugung schwankt, wo die Anschläge das Ziel haben, die Entschlossenheit zu schwächen, trägt die Presse die Verantwortung, die Europäer an ihre Vergangenheit zu erinnern und eine Zukunft auf der Basis jener Werte zu planen, für die so viele kämpften und starben, bevor der moderne Kontinent gegründet wurde.

Anschläge wie der in Paris haben das Ziel, die Angst auszunutzen, die Verschiedenheit in Religion und Kultur verursacht. Wir dürfen das nicht akzeptieren. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht eine strengere Gesetzgebung einfordern, die jener Freiheit schadet, die eine kritische Presse eigentlich schützen sollte. Die Lehre unserer amerikanischen Verwandten und der Patriot Act als Antwort auf den Terror  vom 11. September sollten uns daran erinnern, dass Bedrohungen unserer Freiheit aus vielen Richtungen kommen können. Wir sollten uns die Zeit nehmen zu reagieren, aber zunächst sollten wir uns die Zeit nehmen, diesen letzten Verstoß gegen unsere Freiheit zu beklagen.

Die Taten verrückter Fundamentalisten können wir weder vorhersehen noch können wir sie verhindern, aber wir können unsere Reaktion auf ihre zerstörerischen Taten kontrollieren. Nach der jüngsten Tragödie müssen wir die Angst vertreiben, die verursacht werden sollte. Die Opfer wurden nicht im Namen eines Prophetens, einer Überzeugung oder eines verzerrten Glaubens gemartert, sondern wegen einer verzerrten Vorstellung von unserer eigenen Welt. Wir haben die Verpflichtung, den Gestorbenen gegenüber, dieser Vorstellung zu wiederstehen. Sie lebten im Namen der Freiheit, und starben als ihre wahrhaftigsten Vertreter.

Andrew Heslop
Director, Press Freedom

 

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Andrew Heslop

Datum

2015-01-09 15:13

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