Das Prinzip der freien Presse
Freiheit für die Presse! Dies ist eine altbekannte Forderung, die mit jedem Jahr lauter wird und doch nie an Relevanz verliert. Warum sollte eine freie Presse überhaupt zur Diskussion stehen? Gelingt es uns denn nicht, unserer Botschaft wirklich Gehör zu verschaffen?
Die einfache Antwort lautet, dass Presse Macht bedeutet – und wo immer es um Macht geht, gibt es Bestrebungen, diese kontrollieren oder beeinflussen wollen. Eine freie Presse ist per definitionem ungezähmt – und in der Lage, die Öffentlichkeit direkt und ungefiltert anzusprechen. Sie ist seit jeher ein wirksames Sprachrohr der freien Meinungsäußerung.
Darum ist die Presse auch stets ein Angriffsziel.
Ebenso wie wir zunehmend die Möglichkeiten der Digitaltechnik für die Wahrnehmung unserer Interessen als Bürger nutzen, lernen auch die Tyrannen, die keine Meinungsfreiheit tolerieren, sehr schnell, entsprechende Bestrebungen auch in der digitalen Welt zu unterbinden. Die Ziele sind zahlreicher, die Angriffe komplexer und vielfältiger. Dem müssen wir mit Wachsamkeit und ebensolcher Entschiedenheit begegnen.
Die Straflosigkeit für die Mörder von Journalisten erstreckt sich auch auf diejenigen, die Blogger ermorden. Auch die Zensur unterscheidet nicht zwischen verschiedenen redaktionellen Plattformen. In Gefängnissen landen all jene, die sich der „Verleumdung“ schuldig gemacht haben, ungeachtet des dabei genutzten Mediums.
Man kann diejenigen, die die freie Meinungsäußerung unterdrücken, nicht daran hindern, unsere grundlegenden Freiheiten zu untergraben. Und wie die Pressefreiheitsranglisten zeigen, tun sie dies häufig und ohne Rücksicht auf die Folgen.
Unser Recht, Informationen mittels Medien jeder Art zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten, mag zwar in den internationalen Menschenrechten verankert sein, doch müssen die Medien täglich darum kämpfen, ein Bollwerk gegen Angriffe auf das Recht auf freie Meinungsäußerung zu bleiben. Als Kontrollinstanz der Macht fungiert eine unabhängige Presse als Fenster der Gesellschaft, durch das Machtmissbrauch, Verfehlungen, Unwahrheiten und Eigeninteressen der Mächtigen offengelegt und der Kontrolle durch die Öffentlichkeit anheimgegeben werden.
Wenn es nach korrupten Regierungen, kriminellen Gewalttätern und Fundamentalisten jeglicher Couleur ginge, wäre es besser, wenn dieses Fenster auf immer versperrt würde.
Man denke nur an Mexiko, wo Journalisten mit einem gewalttätigen, oft tödlichen Umfeld konfrontiert sind. Auch die Wirkung im weiteren Sinne ist verheerend. „Es wächst ein Klima der Angst und es ist besser, Stillschweigen zu wahren als sich zu den Ereignissen zu äußern, die eine Bedrohung darstellen könnten“, erklärt dazu die Journalistin und Autorin Anabel Hernández. „Dies führt zu Selbstzensur, was die Meinungsfreiheit beinträchtigt – und das wiederum beeinträchtigt die Qualität und Tiefe der Informationen, die einer Gesellschaft zugänglich sind. Wenn die Gesellschaft die Realität, von der sie umgeben ist, nicht kennt – wie kann man da Entscheidungen treffen? “
Wo immer Sie leben, was immer Sie tun, halten Sie einen Moment inne und denken Sie darüber nach, mit welcher Gesellschaft Sie es zu tun hätten, wenn es keine Medien gäbe, die die Dinge hinterfragen.
Wer trifft Entscheidungen in Ihrem Namen – und wie transparent sind die Entscheidungsprozesse?
Das wissen zu wollen, ist letztlich der Grund, warum wir uns für Journalisten und eine freie Presse in aller Welt einsetzen.
Das Internet macht die Situation dabei nicht gerade einfacher. Die als Gegengewicht zur Macht fungierende Kontrollfunktion, deren Hüter lange Zeit die traditionellen Medien waren, verschiebt sich rasch hin zu nicht von den Medien definierten Parametern.
Mit dem Internet lädt mancher sich, oft unwissentlich, die Zensoren nach Hause ein. Meinungsfreiheit wird so zu einem Thema für jeden, der in sozialen Netzwerken aktiv ist, per E-Mail kommuniziert oder ein Smartphone bzw. ein Tablet besitzt.
Oder zumindest sollte es Thema sein. Paradoxerweise birgt die digitale Revolution, die uns eine wahrhaft global vernetzte Welt beschert hat, wiederum einen weiteren Kontrollmechanismus, nämlich die Möglichkeit zur Beschneidung der Redefreiheit. Die Online-Nachrichtenmedien, die durch die Erfahrung der Printmedien vorgewarnt sind, sind hier vielleicht etwas besser gewappnet. Aber sind wir als Privatpersonen es auch?
Ob nun Online- oder Offline-Medium, die neuen Herausforderungen und altbekannten Bedrohungen sind nicht weniger dramatisch. In jedem Jahr wird aufs Neue die Bilanz aufgemacht – die Bilanz der getöteten Journalisten, inhaftierten Medienmitarbeiter und der unter Drohungen, Einschüchterungen und finanzieller Einengung (bis hin zur Einstellung) leidenden Publikationen.
Der 3. Mai ist in erster Linie ein Anlass zur Besinnung und Erinnerung an die Kollegen, die aufgrund ihrer Arbeit zum Angriffsziel geworden sind, insbesondere an diejenigen, die in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit getötet wurden.
Diese ihre Tätigkeit umfasste dabei mehr als die bloße Berichterstattung. Ihre Aufgabe – per se riskant, bisweilen gefährlich und dabei immer klar artikuliert – ging über die reinen Schlagzeilen ihrer Storys hinaus, die manchmal ungewollt zu ihrem eigenen Nachruf wurden. Ihre Arbeit ist Ausdruck des Vertrauens in ein Prinzip, das von der Demokratie angemahnt und in jedem Artikel, jedem Bild und jeder Ton- oder Bildübertragung greifbar wird.
Dieses Prinzip der freien Presse vertreten wir mit Stolz. Es ist das Prinzip, auf dem unsere Branche und erfolgreicher Journalismus gründen.
WAN-IFRA, mit Sitz in Paris, Frankreich, und Darmstadt, Deutschland, sowie Regionalbüros in Singapur und Indien, ist der Weltverband der Zeitungen und Nachrichtenmedien und vertritt mehr als 18.000 Publikationen, 15.000 Online-Sites und über 3000 Unternehmen in mehr als 120 Ländern. Vorrangiges Ziel des Verbandes ist die Verteidigung und Förderung von Pressefreiheit, Qualitätsjournalismus und redaktioneller Integrität sowie die Entwicklung von erfolgreichen Geschäftsaktivitäten.
Auskunft erteilt: Larry Kilman, Deputy CEO & Director of Communications and Public Affairs, WAN-IFRA, 96 bis, rue Beaubourg, 75003 Paris, Frankreich. Tel.: +33 1 47 42 85 07. Fax: +33 1 42 78 92 33. Mobil: +33 6 10 28 97 36. E-Mail: larry.kilman@wan-ifra.org