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Von der Idee zum Projekt – Etappen auf dem Weg zur Umsetzung

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Von der Idee zum Projekt – Etappen auf dem Weg zur Umsetzung

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15165

Innovation

Horst-Walter Hauer, General Manager des Ingenieur Büro Hauer (IBH), stellte erstmals zur IFRA Expo 2010 sein innovatives IPAC-Konzept von der „Zeitungsdruckerei der Zukunft“ einem Kreis von Fachleuten vor. Das Konzept hörte sich futuristisch, ja geradezu revolutionär an: Eine hochautomatisierte Zeitungsdruckerei, die rein äußerlich mehr einem Hochregallager als einem Produktionsbetrieb gleicht. Sämtliche am Produktionsprozess beteiligten Anlagen sind in größtmöglicher Kompaktheit angeordnet und werden von einem universellen Transportsystem versorgt, das alle Materialbewegungen und die Personenbeförderung übernimmt. Was ist aus IPAC geworden? Welche Fortschritte wurden seither erzielt?

Horst-Walter Hauer ist der geistige Vater von IPAC

WAN-IFRA: Hat sich an der Grundidee seit der ersten Vorstellung des Konzepts etwas geändert?

HORST-WALTER HAUER: An der IPAC Grundidee, für den Gesamtprozess „Herstellung von Druckprodukten“ eine Kombination aus Hochregal - als bewährte, hochautomatisierte Form für die Bewältigung logistischer Abläufe - und universellem Transportsystem zu verwenden, hat sich nichts geändert.

Wir haben spezielle Ausführungsformen analysiert, mit denen man die Vorteile des Konzepts heute nutzen und zukünftige Automatisierungsstufen flexibel nachrüsten kann.

 

WAN-IFRA: Nachrüstung als Bestandteil des Konzepts … gibt es demnach keine fertige Standardlösung, sondern nur eine Art Grundgerüst, das individuell ausbaufähig ist?

H.-W. HAUER: as Konzept ist so flexibel, dass es alle Optionen in Bezug auf Konfiguration und Automation offen lässt. Wir wollen zunächst zeigen, was man heute schon machen kann, ohne großen technischen Entwicklungsaufwand. Mit Nachrüstung ist gemeint, dass man jederzeit einzelne Technikkomponenten hinzufügen oder gegen andere austauschen kann, sei es, weil es neue Entwicklungen gibt oder weil sich der Bedarf geändert hat. Wenn Hersteller A einen neuen Service-Roboter entwickelt, will man den ja auch nutzen können. Damit ist das Konzept auch zukunftsgerichtet.

 

 WAN-IFRA: Welche Vorteile hat IPAC in Bezug auf die Abläufe, die Flexibilität und Rationalisierung? Könnten Sie für unsere Leser die wichtigsten Pluspunkte und woraus diese resultieren noch einmal kurz zusammenfassen?

H.-W. HAUER: Die  Konfiguration aller Produktionsaggregate um ein zentrales, multifunktionales und durchgängig motorisiertes Logistiksystem, das jeden Punkt der Druckerei erreicht, ermöglicht eine umfänglichere Automatisierung aller einzelnen Abläufe in einem wirtschaftlichen Gebäude. Die verschiedenen Bauarten einzelner Transportsysteme mit jeweils einem manuellen Backup System  entfallen ebenso wie die mehr oder weniger vernetzten Insellösungen in verschiedenen Gebäudeteilen, die in der Summe zu immer komplexeren Systemen führen. Alle Prozesse – zunächst für Lagerhaltung und Produktion und zukünftig auch für Wartung und Service – werden über ein produktionsübergreifendes Steuerungssystem dirigiert – und das alles flexibel erweiterbar und beliebig hoch automatisierbar.

 

WAN-IFRA: Welche neuen Anregungen bzw. Erkenntnisse in Bezug auf die mögliche Realisierung des IPAC-Konzepts haben Sie durch den Austausch mit Fachleuten aus dem Anbieter- und Anwenderkreis gewonnen?

H.-W. HAUER: Hersteller- und Betreiberinteressen divergieren heute mehr denn je.

Die Betreiber benötigen heute ganzheitliche Geschäftsmodelle für beliebig hoch automatisierbare Printproduktionen, um den aktuellen und zukünftigen Veränderungen profitabel begegnen zu können. Genau dies bietet das IPAC-Konzept und darüber hinaus, wie von Anwenderseite angeregt, die Möglichkeit der Integration von Akzidenz- und Digitaldruck oder von zusätzlichen logistischen Serviceleistungen. Dabei bieten sich günstigere Investitionsvoraussetzungen durch die im Bedarfsfall auch anderweitige Wiederverwendbarkeit des Hochregals und des Transportsystems.

Gerade in der heutigen, wirtschaftlich schwierigen Situation ist Investitionssicherheit ein wichtiges Thema. Konventionelle Zeitungsdruckereien sind für eine sehr spezifische Anwendung konzipiert. Bei einer Druckerei, die auf einem Hochregallager basiert und Bediengeräte einsetzt, welche auch schwere Lasten befördern können, hätte man die Möglichkeit, die Technik im Fall des Falles auch für Lagerlogistikaufgaben einzusetzen. Das investierte Kapital wäre nicht verloren.

 

WAN-IFRA: Wie sind Sie bei der weiteren Projektentwicklung vorgegangen und wo stehen Sie jetzt?

IBH wollte die technische Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit des IPAC-Konzepts gegenüber der konventionellen Anlagen-Ausführung feststellen und belegen. Das erforderte einen detaillierten Vergleich.

Aufgrund der Marktentwicklung und der damit verbundenen Investitionslage haben wir dazu eine kleine 48-seitige Anlage mit einer Versandraumlinie ausgewählt, um zu zeigen, dass das Konzept auch hier vorteilhaft ist.

Auf der Basis einer IBH-Grundkonfiguration wurde mit Experten aus der grafischen Industrie eine komplette IPAC-Druckerei konzipiert, überprüft und validiert.

 

WAN-IFRA: Wurde für den Vergleich ein hypothetisches oder ein reales Druckereiprojekt herangezogen? Wie sind Sie an die Eckdaten gekommen?

H.-W. HAUER: In Zusammenarbeit mit IE Graphic Engineering als Spezialisten für Gebäude- und Haustechnik von Investitionsprojekten in der Druck- und Medienindustrie wurde eine Machbarkeitsstudie anhand eines aktuell in der Realisierung befindlichen Projekts der oben genannten Größenordnung durchgeführt.

Dazu wurden die Maschinen- und Anlagenkomponenten für Druck- und Weiterverarbeitung sowie für die Haustechnik 1:1, d.h. ohne irgendeine optimierende Anpassung, in die IPAC-Hochregal-Version übertragen.

 

WAN-IFRA: Welche Resultate hat die Machbarkeitsstudie ergeben?

 H.-W. HAUER: Die Kompakt- und Einfachheit des Regalsystems führt zu deutlichen Einsparungen bei der Gebäudegrundfläche und somit auch bei der Grundstücksfläche gegenüber dem Vergleichsmodell. Auch die Gebäudekubatur würde schrumpfen, da viele Transportwege beim IPAC-Konzept wegfallen. Die Bauzeit wird geringer und trotz hoher Investitionskosten für das Transportsystem lassen sich Einsparungen bei den Realisierungskosten erzielen.

Die Vergleichsrechnung hat eine Reduktion der Investitionskosten von etwa 30% im Bereich der Bautechnik und von deutlich über 10% für die (konventionelle) Produktionstechnik ergeben. Ist die Druckerei im Hochregal erst einmal in Betrieb, lassen sich auf der Personalseite bei zweischichtigem Betrieb drei bis fünf Stellen allein im Bereich des innerbetrieblichen Transports einsparen.

 

WAN-IFRA: Welche anderen Mitstreiter konnten Sie inzwischen für Ihr Konzept gewinnen?

H.-W. HAUER: Als weitere wichtige Mitstreiter konnten ABB und ihr Partner Swisslog gewonnen werden. Auf der Basis der Machbarkeitsstudie und den vom IBH erstellten Auslastungsanalysen für die Produktionsplanungen von Druck und Versand wurde die technische Machbarkeit einer übergeordneten Produktionsplanung und -steuerung für die Materialflüsse geprüft. Das Ergebnis: Die ABB MPS Solutions sind ohne kostenintensive Neuentwicklungen für das IPAC-Konzept geeignet.

 

WAN-IFRA: Gibt es noch ungelöste Fragen bzw. Problemstellungen? Was fehlt, damit das Konzept in ein konkretes Projekt überführt werden kann?

H.-W. HAUER: Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo wir sagen können: Das IPAC-Konzept ist machbar und überzeugt bezüglich der Bau- und Produktionstechnik als hersteller-unabhängige, zukunftsorientierte und flexible Druckerei. Der nächste Schritt wäre jetzt, mit einem beherzten Pilotkunden an die Umsetzung zu gehen. Erst anhand eines konkreten Projekts und in Zusammenarbeit dem späteren Betreiber und mit den Lieferanten kann dann das weitere Einsparpotenzial, beispielsweise im Bereich der Haustechnik und bei den Betriebskosten, berechnet werden. 

Autor

Charlotte Janischewski's picture

Charlotte Janischewski

Datum

2012-05-22 12:32

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