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Interview zur "Woche der Kommunikation"

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Interview zur "Woche der Kommunikation"

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15662

Der Deutsche Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT) veranstaltet in diesem Jahr zum 5. Mal die „Woche der Kommunikation“ (WdK, www.woche-der-kommunikation.de). Zeitgleich mit der WdK, am 29. Oktober, und ebenfalls in Frankfurt öffnet die World Publishing Expo 2012 der WAN-IFRA (www.wan-ifra.org/expo2012) ihre Pforten. Bei der dreitägigen Zeitungsmesse und dem begleitenden Rahmenprogramm geht es um die neuesten Technologien und geeignete Strategien für das Publizieren auf unterschiedlichsten Medien (in gedruckter und elektronischer Form). Kommunikation ist also ein starker gemeinsamer Nenner.

WAN-IFRA: Worum geht es im Kern bei der Initiative „Woche der Kommunikation“ und wie können Interessierte konkret davon profitieren?

HANS JOACHIM WOLFF: Die Teilnehmer mit ihren jeweils ganz eigenen Veranstaltungen kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen wie zum Beispiel Kunst, Kultur, Bildung, Kreativindustrie,  Medien und Technologien. Innerhalb der Initiative haben sie die Möglichkeit des interdisziplinären Austauschs und der Diskussion über den rasant fortschreitenden Wandel unserer Gesellschaft durch die moderne Kommunikation. Das verbindende Ziel für alle - Teilnehmer wie Besucher der mehr als 50 Veranstaltungen - ist es, Möglichkeiten und Visionen, Chancen und Risiken sichtbar zu machen und zu teilen, für die Zukunft zu lernen und den Menschen zu helfen, die neuen Möglichkeiten selbstbestimmt nutzen zu können. Wir wollen damit beitragen zu einer nachhaltigen, allgemein verträglichen Weiterentwicklung unserer Kommunikations-  und Informationsgesellschaft – unter dem Motto: Zukunft! Informieren. Verstehen. Gestalten.

 

WAN-IFRA: Die neuen Technologien, allen voran Internet und Handy, haben die Kommunikation im privaten und beruflichen Umfeld stark verändert. Die Kommunikationsfrequenz steigt, aber die Tiefe scheint abzunehmen. Welche Auswirkungen hat das auf das Sozialverhalten des Einzelnen und die Gesellschaft?

HANS JOACHIM WOLFF: Genau diese Auswirkungen versuchen wir mit den Beteiligten an der Initiative zu erarbeiten, denn wir befinden uns praktisch in einem nie abschließbaren technologiegetriebenen Prozess. Das heißt, es entstehen zunehmend „Parallelwelten“ unterschiedlich kommunizierender Gesellschaftsbereiche und Generationen, die nicht vergleichbar sind mit den bisher erlebten sprachlichen und sozialen Barrieren. Diese zusammen zu bringen ist die Herausforderung an uns alle, wenn wir nicht wollen, dass die Diskrepanz zwischen dem technisch Machbaren und dem sozial Verträglichen immer größer wird. Denn jede Generation hat ihre eigenen, intuitiv gelernten und präferierten Kommunikationsformen. Dies ist natürlich nicht immer absolut zu sehen, aber diese Tendenz zeichnet sich doch heute schon ab. Wenn ich bevorzugt E-Mail und Telefon als Hauptkommunikationsmittel benutze, dann bleibt das im Allgemeinen so, weil Freunde und Bekannte aus der jeweiligen Generation genauso ticken. Gleiches gilt dann auch für die Facebook-Generation usw. Das Bedürfnis an sich nach Selbstdarstellung, nach Kommunikation, hat sich ja nicht verändert, wohl aber die Möglichkeiten, dem nachzukommen, Es wäre zu einfach, die zunehmende Kommunikationsvielfalt in bestimmten Bereichen pauschal einfach zu verdammen. Es geht eher für jeden Einzelnen darum, die Chancen und Risiken der unterschiedlichen neuen Medien zu verstehen und individuell sinnvoll zu nutzen. Wozu übrigens zunächst einmal der Zugang für alle gewährleistet sein muss. Wer kann sich heute noch vorstellen, dass es noch in den 1960er-Jahren in Deutschland etwas Besonderes gewesen ist, einen privaten Telefonanschluss sein Eigen zu nennen? Um das Recht auf einen solchen für jeden Bundesbürger erfolgreich zu erkämpfen, ist übrigens damals der DVPT gegründet worden.

 

WAN-IFRA: Neben der Zeitung (gedruckt und elektronisch) gibt es viele weitere Informationsquellen. Stellt die Fülle an Informationen und die fragmentierte Informationsnutzung, insbesondere durch junge Menschen, die Rolle der Zeitung als Informationsmedium und Meinungsbildner infrage?

HANS JOACHIM WOLFF: Ohne jetzt selbst tiefgehend mit dem Thema Zeitung befasst zu sein, ergibt sich aus unsere Sicht hier wie in anderen Bereichen die Frage nach zukünftigen Wertschöpfungsmodellen. Kann die Qualität bei immer geringer werdenden Budgets aufrecht erhalten werden? Wie in anderen Bereichen auch, muss man sich, glaube ich, komplett davon frei machen, immer neue Methoden zu entwickeln, die schlussendlich auf das Aufrechterhalten des tradierten Geschäftsmodells abzielen. Hier kann man durchaus den Vergleich zur Musikindustrie ziehen. Auch hier ist die Frage: Was war zuerst da, der inflationäre Content oder der Preisverfall. Auch hier haben sich nach einem langen schmerzhaften Prozess neue Modelle entwickelt. Aber auch hier ist dieser Prozess noch lange nicht abgeschlossen und hat zu einer Marktbereinigung geführt.

Wenn irgend möglich sollte man neben seinem Brot-und-Butter- Geschäft, welches nach wie vor einen Großteil des Umsatzes ausmacht, unternehmensintern „Forschungsgruppen“ bilden, die von Anfang an gezielt und kontinuierlich ganz eigene Modelle entwickeln und diese anhand der neuen Gegebenheiten zur Marktreife führen.

Den Stein der Weisen haben auch wir noch nicht gefunden, allenfalls Steinchen. Aber ganz wesentlich ist sicherlich grundsätzlich eine Neubewertung des Themas Information. Hier muss schon in der Schule begonnen werden, das Thema hinsichtlich Qualität und Bewertung aufzuarbeiten, damit wir medienkompetente, mündige, selbstbestimmte Bürger für unser Wertesystem in die sich rasant weiterentwickelnde Informationsgesellschaft entlassen können.

 

WAN-IFRA: Angesichts des heutigen Überangebots an Informationen kann Kommunikation für den Einzelnen durchaus auch zum Stressfaktor werden. Besteht die Gefahr, dass immer mehr Menschen zu Kommunikationsverweigerern werden?

HANS JOACHIM WOLFF: Ich glaube, dadurch, dass zumindest die meisten jungen Menschen im Prinzip von klein auf ganz natürlich und intuitiv mit den vielfältigen Möglichkeiten in Kontakt kommen, sind sie nicht in der Situation, sich auf etwas gänzlich Neues einstellen zu müssen. Es ist schlicht ein Teil ihres Lebens. Dieser gelebte Umgang wird sich ebenfalls in den zukünftigen Geschäftsanwendungen wiederfinden und somit auch keine große Umstellung bedeuten. Der Anteil derer, die für sich einen anderen Weg bevorzugen, wird sich also gegenüber heute nicht verändern, zumal ganz wesentliche Teile des sozialen und beruflichen Lebens davon abhängen, inwieweit ich bereit bin, mich mit den jeweils aktuellen Möglichkeiten auseinander zu setzen und für mich zu nutzen.

Aber, ganz klar: Die „Always-On-Gesellschaft“ fordert ihren Tribut, wenn wir es nicht schaffen, Arbeitsplätze für die Zukunft zu entwickeln, die für den Einzelnen eine persönliche Balance ermöglichen zwischen „On-“ und „OFF-Sein “ und ihn nicht unter permanenten Druck setzen. Aufzuhalten oder gar umkehrbar ist diese Entwicklung nicht mehr. Wir müssen uns also auf den Umgang damit einstellen.

 

WAN-IFRA: Mit Facebook, Twitter & Co. hat sich eine neue Form der  Kommunikation entwickelt, die gerade von jungen Leuten sehr gut angenommen wird. Solche Plattformen bieten auch interessante Möglichkeiten für Verlage, mit ihren Lesern unmittelbar in Kontakt zu treten und sie als Informationsquellen zu nutzen. Glauben Sie, dass auf diesem Wege eine dauerhafte Leserbindung erzielt werden kann?

HANS JOACHIM WOLFF: Wenn es zu dem jeweiligen Medium passt, ist Social Media sicher für Interaktion mit seinen jeweiligen Zielgruppen sehr geeignet, beispielsweise für Umfragen etc. Insofern ist Social Media ein wichtiges Instrument zur Kundenbindung. Verabschieden sollte man sich als Unternehmen davon, Social Media als Direktvertriebsplattform nutzen zu wollen. Das haben die Erfahrungen der letzten Jahre deutlich gezeigt.

Es wird sicherlich in der Zukunft integrierte Konzepte geben, bei denen ich mir als Nutzer, basierend auf der von mir präferierten Plattform, Inhalte aus anderen Medien anzeigen lassen kann. Dieser Weg zeichnet sich in der weiteren Evolution des Nutzerverhaltens ab.

Schlussendlich geht es aber darum, dass sich Unternehmen und damit auch die Zeitungen darauf einstellen, dass Social Media ein wesentlicher Teil ihrer Kommunikationsstrategie sein muss. Dabei geht es nicht nur darum, bestehende Kanäle zu integrieren, sondern frühzeitig Strategien für die kommenden Möglichkeiten auszuarbeiten und sukzessive nachzuhalten. Nicht zuletzt wird dies nur mit wesentlichen Strukturänderungen im Unternehmen umsetzbar sein.

 

WAN-IFRA: In welche Richtung wird sich Ihrer Einschätzung nach Kommunikation entwickeln, über welche Kanäle wird sie künftig stattfinden und welche technischen Tools werden zum Einsatz kommen?

HANS JOACHIM WOLFF: Wir befinden uns aktuell im Status von Zugang und Abruf. Das heißt, wir versuchen erst irgendwie eine Konnektivität zum Internet herzustellen, um dann von dort die gewünschten Informationen abzurufen. Zukünftig werden wir nicht ins Internet gehen, sondern wir sind Teil des Internets. Unsere Gesundheitsdaten werden in Echtzeit an den Gesundheitsdienst unseres Vertrauens übermittelt. Unsere Umgebung - ob privat oder geschäftlich - weiß, wann wir was bevorzugen, und die Geräte um uns herum werden uns ein entsprechend auf uns zugeschnittenes Angebot vorschlagen. Das heißt, während wir noch auf den Fernseher zugehen, wird er bereits wissen, was wir am liebsten sehen und uns seine individualisierte Auswahl präsentieren. Unser Nachttisch wird unsere Smartphones anweisen, ihr Klingeln ab- und die Weckfunktion einzuschalten, wenn wir zu Bett gehen.

Oberflächen werden quasi intelligent und sind ebenso wie beispielsweise Kleidungstücke mit dem Internet verbunden. Damit werden natürlich noch größere Anforderungen an das Persönlichkeitsrecht und den Datenschutz umgesetzt werden müssen. Das bedeutet: die Information und deren Bewertung bleibt die Herausforderung unserer Zeit.

Autor

Charlotte Janischewski's picture

Charlotte Janischewski

Datum

2012-10-04 09:52

Author information

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