Von Leah McBride Mensching
Die in Chicago beheimatete Website EveryBlock.com umfasst 16 hyperlokale Online-Präsenzen für 16 US-Städte und liefert Nachrichten, die bis hinunter zur Straßenebene differenziert sind. Viele sind der Ansicht, das sei eine Aufgabe, die von Zeitungen geleistet werden sollte, so auch EveryBlock-Gründer Adrian Holovaty. Was hält Zeitungen davon ab?
„Es gibt einige Zeitungen in den USA, die diese Arbeit machen wollen, aber sie sind nach wie vor die Ausnahme“, berichtete er den Teilnehmern der World Editors Forum-Studienreise heute bei ihrem Besuch im EveryBlock-Büro. [2. Dezember 2010]
Die Arbeit wird von sechs EveryBlock-Vollzeitmitarbeitern erledigt und umfasst die Veröffentlichung von Informationen wie z.B. Meldungen über Delikte, Immobilienbesitzwechsel, Baugenehmigungen, Restaurantkritiken und -Inspektionsberichte, Immobilienanzeigen und örtliche Sonderangebote, allesamt geordnet nach geografischer Lage und Zeitpunkt, wobei die aktuellsten Informationen ganz oben auf der Seite erscheinen.
Was die Deliktmeldungen betrifft, so muss EveryBlock sich die Rohdaten bei der Polizeidirektion der Stadt besorgen. Ähnliches gilt für Informationen über Restaurant-Inspektionen, sie müssen bei der Gesundheitsbehörde beschafft werden. Nachrichten von Zeitungs- und anderen Websites sind am einfachsten und im gewünschten Umfang zu bekommen.
„Die Aggregation der Nachrichtenartikel (aus verschiedenen Medienquellen) ist vollständig automatisiert. Wir durchforsten das Internet und überprüfen die entsprechenden Quellen x-mal am Tag. Wann immer wir einen neuen Artikel finden, scannen wir ihn automatisch ab, um festzustellen, welche Textteile wie Adressen oder Angaben zu Straßenkreuzungen aussehen, und dann gleichen wir diese Informationen mit unserer Adressdatenbank ab. Wenn es sich um eine gültige Adresse handelt, werden die entsprechenden Seiten automatisch der unmittelbaren Umgebung dieser Adresse zugewiesen. Das ist nicht perfekt – manches geht uns durch die Lappen – aber es gibt in der Regel nicht viel, was irrtümlicherweise herausgefiltert und zugewiesen wird, abgesehen von Adressen in anderen Städten. Zum Beispiel Main St., das ist ein in US-Städten weit verbreiteter Straßenname. Oft stellen wir das fest, aber manchmal rutscht es auch durch. Alles erfolgt sprachbasiert und wird von Algorithmen gesteuert“, erklärte Holovaty.
Warum Zeitungen den Markt, den EveryBlock bedient, noch nicht erschlossen haben, sei hauptsächlich eine Frage des technischen Know-hows und der personellen Ausstattung, meinte Holovaty. Die Medien seien jedoch sehr an den Informationen, über die EveryBlock verfügt, interessiert.
„Für uns zählen in erster Linie Datum und Zeitpunkt. Es ist alles zeitgebunden. Wenn es etwas gibt, das nicht mit einem zeitnahen Datum bzw. Zeitpunkt gekoppelt ist, ist es für uns uninteressant. Man kann auf unserer Website nicht nach nahe gelegenen Lebensmittelgeschäften usw. suchen. Wir sind kein städtisches Branchenbuch. Ein Großteil der Gesundheits- und Schulinformationen ist statisch und passt daher nicht in unser Konzept. Wenn aber eine Schule in einem Nachrichtenbericht erwähnt wird, dann erscheint das auch. Manchmal tauchen entsprechende Informationen in den Berichten der Gesundheitsaufsicht auf, wie beispielsweise zum Speise-Service eines Krankenhauses, und das wird dann angezeigt“, so Holovaty.
Für die Zukunft plant EveryBlock ein Redesign, bei dem Personen stärker im Mittelpunkt stehen sollen.
„Wir wollen kein neues soziales Netzwerk erfinden, aber es gibt vieles, was man machen kann, wenn man weiß, welche Personen an welchen Nachbarschaftsräumen interessiert sind“, erläuterte Holovaty. „Wir möchten das Ganze stärker auf Postings und Diskussionen der innerhalb einer Nachbarschaft lebenden Menschen ausrichten.“
Laut einer Umfrage, die EveryBlock unlängst unter seinen Nutzern durchführte, sind die meisten von ihnen Eigenheimbesitzer, gehören der Altersgruppe 35 plus an, haben Kinder und sind zu einem guten Teil in ihrer Nachbarschaft aktiv.
Everyblock wurde im August 2009 von MSNBC aufgekauft. 2007 erhielt Adrian Holovaty für die Website einen Förderpreis der Knight Foundation im Wert von 1,1 Millionen US-Dollar.
Dieser Bericht wurde ursprünglich am 2. Dezember 2010 im WAN-IFRA Editors Weblog www.editorsweblog.org veröffentlicht.